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 Fakten und Mythen über Mehrsprachigkeit

In diesem Abschnitt geht es um zwei Dinge. Zum einen sollen Sie einen Blick auf Daten aus Statistiken und Untersuchungen zum Thema Mehr- und Vielsprachigkeit werfen und diese Daten auf Ihre Aussagekraft hin überprüfen. Zum anderen geht es darum, gängige Meinungen zum Thema Mehrsprachigkeit zu hinterfragen, um so nach wie vor existierende Mythen zu diskutieren und fundiertes Sachwissen aufzubauen.

Worum es in diesem Teil geht

Die Lernziele sind:

  • sprachliche und kulturelle Vielfalt sowohl generell weltweit als auch in der eigenen Gesellschaft als Normalität zu begreifen.
  • Daten aus offiziellen Statistiken zu kennen, die für den eigenen regionalen/nationalen Kontext relevant sind und über deren Aussagekraft (für den pädagogischen Kontext, z.B. hinsichtlich der Planung von Sprachfördermaßnahmen) zu reflektieren.
  • über gängige "Mythen" im Bereich des mehrsprachigen Spracherwerbs Bescheid zu wissen und sie kritisch hinterfragen zu können bzw. diese "Mythen" mit konkreten Fakten entkräften zu können.

Aktivitäten

  • STATISTIKEN LESEN, INTERPRETIEREN UND REFLEKTIEREN
  • NACHDENKEN ÜBER MYTHEN 

Statistiken lesen, interpretieren und reflektieren

Demographische Veränderungen spiegeln sich in Statistiken wider. Im Kontext von sprachlicher Diversität sind die Faktoren Nationalität, Sprache/n, Mehrsprachigkeit, Sprachgebrauch und Migrationshintergrund von Belang. 

1. Recherchieren Sie in offiziellen Statistiken zur demographischen Entwicklung in Ihrem regionalen/nationalen Kontext  und analysieren Sie sie auf der Grundlage folgender Punkte:  

  • Berücksichtigen Sie die drei Aspekte "Mehrsprachigkeit", "Staatsangehörigkeit", "Migrationshintergrund".
  • Welche als relevant einzuschätzenden Daten sind leicht zugänglich? Wofür sind sie relevant?
  • Sind diese Daten hilfreich bei der Planung und Durchführung bildungspolitischer Maßnahmen oder Lernprogrammen?
  • Worüber berichten die Statistiken und worüber nicht?

Informationen zu relevanten statistischen Daten und deren Analyse finden Sie

  • für Nordrhein-Westfalen  im EUCIM-TE Länderbericht, S. 6f.  
  • für das deutsche Bildungswesen bei Chlosta/Ostermann: Grunddaten zur Mehrsprachigkeit im deutschen Bildungssystem. In: Deutsch als Zweitsprache. Hg. von Bernt Ahrenholz; Ingelore Oomen-Welke. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 17-30.

2. Führen Sie eine Recherche im Bereich von Statistiken durch, die für den schulischen Kontext relevante Daten ausweisen (Staatsangehörigkeit, Familiensprache, Angebote im Bereich des Herkunftssprachenunterrichts, Unterstützungsangebote für L2-Lernende, ...)

Hier finden Sie die Webseiten einiger offizieller nationaler Statistikbehörden:

 

Nachdenken über Mythen 

Was denken Sie über das folgende Zitat, das die Ergebnisse einer Umfrage zu den Herausforderungen in der Lehrer_innenausbildung zusammenfasst?

"... Zweitsprachenlernen ist ein Thema, das in letzter Zeit Beachtung durch die Scientific Community gefunden und das im politischen und öffentlichen Diskurs an Wichtigkeit und Sichtbarkeit gewonnen hat. Gleichwohl wird dieser Diskurs nach wie vor dominiert von Unwissenheit bzw. widersprüchlichen und gegenstandslosen "Mythen" und findet nicht umfassend statt, sondern ist vielmehr abhängig von vereinzelten Initiativen oder Projekten, die der Allgemeinheit nicht zugänglich sind."

(Zitat: Übersetzung aus: Report on Teacher Education Needs Analysis - NRW, S. 26 zum Projekt  European Core Curriculum for Mainstreamed Second Language Teacher Education)

Im Folgenden sind einige nach wie vor gängige Mythen aus dem Bereich Mehrsprachigkeit aufgelistet. Wie stehen Sie zu diesen Aussagen? 

  • Mythos 1: Mehrsprachigkeit ist ein kognitiver Ausnahmezustand.
  • Mythos 2: Entweder man beherrscht eine Sprache „perfekt“ oder mehrere unvollkommen.
  • Mythos 3: Das Mischen (Code-switching, Mixing) von Sprachen ist Anzeichen eines Defizits.
  • Mythos 4: Kinder sind durch Mehrsprachigkeit überfordert. Sie müssen erst eine Sprache vollständig erwerben – sonst drohen „Halbsprachigkeit“ oder andere Probleme.
  • Mythos 5: Mehrsprachigkeit ist dann positiv, wenn prestigeträchtige Sprachen betroffen sind.
  • Mythos 6: Nicht-deutschsprachige Eltern können ihren Kindern das Deutsche beibringen, indem sie Deutsch zur Familiensprache machen.
  • Mythos 7: Sprachförderung muss „ganzheitlich“ erfolgen.

(Quelle: Landesstiftung Baden-Württemberg (Hrsg.) (2006) Frühe Mehrsprachigkeit: Mythen – Risiken – Chancen. Dokumentation zum Kongress am 5. und 6. Oktober 2006 in Mannheim.)  

Aufgaben:

  1. Wählen Sie zwei der Statements aus und argumentieren Sie, warum sie zutreffen oder nicht.  Vergleichen Sie anschliessend Ihre Sichtweise mit den Statements von Rosemarie Tracy.
  2. Verfassen Sie eine "Erklärung", in der Sie fünf gute Gründen, warum Mehrsprachigkeit gefördert werden sollte, darstellen. Vergleichen Sie diese danach mit der Mannheimer Erklärung zur frühen Mehrsprachigkeit (Tracy) oder den 15 Thesen zur Mehrsprachigkeit (Wintersteiner, Gombos, Gronold).

Auch dieses Videobeispiel könnte hilfreich für Sie sein:

   

Header image based on "Scales of Justice - Frankfurt Version" by Michael Coghlan (CC BY-SA 2.0).